In Deutschland wachsen viele Kinder mehrsprachig auf, wobei der Fokus oft auf dem Erwerb deutscher Sprachkenntnisse liegt und die eigene Muttersprache vernachlässigt wird – auch in der eigenen Familie. Jedoch zeigt die Forschung, dass Kinder nicht die Sprache ihrer Familie vergessen müssen, um eine andere zu lernen. Im Gegenteil: „Das Rezept, um möglichst gut Deutsch zu lernen, ist eine möglichst gut ausgeprägte Muttersprache.“ So berichtete Deutschlandfunk Kultur im Podcast „Wie Kinder fließend Deutsch lernen“.
Themenbeiträge
Muttersprache und Mehrsprachigkeit

„Das Rezept, um möglichst gut Deutsch zu lernen, ist eine möglichst gut ausgeprägte Muttersprache.“
Deutschlandfunk Kultur
Welche Vorteile haben Kinder, deren Muttersprache gefördert wird? Und was sind die Folgen einer nicht-muttersprachlichen Erziehung? Eltern mit nicht-deutscher Muttersprache möchten oft, dass ihre Kinder schnell Deutsch lernen, weshalb sie mit ihnen Deutsch sprechen, obwohl es ihnen schwer fällt und sie sich unsicher fühlen. Die Muttersprache der Kinder entwickelt sich so nur mangelhaft, was Folgen für den Erwerb einer weiteren Sprache hat und dazu führen kann, dass keine Sprache richtig beherrscht wird. Den Kindern fehlt in diesem Fall das Referenzmodell einer Muttersprache. Die nur gebrochen gesprochene Muttersprache hat auch Einfluss auf die persönliche Entwicklung der Kinder. Sie verlieren den Kontakt zu Verwandten wie z. B. den Großeltern. Selbst mit den eigenen Eltern können tiefgründigere Themen nicht besprochen werden, da es keine gemeinsame Sprache gibt, die Eltern und Kinder perfekt beherrschen. Mit der Vernachlässigung der Muttersprache und dem starken Anpassen an die deutsche Kultur werden oft auch Traditionen abgelegt. Dadurch fehlt den Kindern ein Rahmen, der ihnen in der Familie Sicherheit und Orientierung gibt.
Müssen Kinder also die Sprache ihrer Familie vergessen, damit Integration gelingen kann? Die Forschung sagt ganz klar: Nein. Kinder sollen zu Hause ihre Muttersprache sprechen und in Kindergarten oder Schule können sie problemlos die zweite Sprache erlernen.
Studien zufolge genießen zweisprachig aufgewachsene Kinder den Vorteil, beim Erlernen einer dritten oder vierten Sprache überlegen zu sein. Sprachwissenschaftler Heiner Böttger begründet das mit einer höheren Leistungsfähigkeit zweisprachig aufwachsender Kinder. Für das Aufwachsen in zwei Sprachen sei eine kognitive Mehrleistung notwendig, die wie bei einem normalen Trainingsprozess zu einer höheren Leistungsfähigkeit führt. Kognitive Prozesse sind früher möglich – wie z. B. der Schriftspracherwerb in zwei Sprachen, mathematische Leistungen und räumliche Orientierung.
Bereits seit dem Jahr 2000 wird am 21. Februar der Internationale Tag der Muttersprache begangen, ein von der UNESCO ausgerufener Gedenktag zur "Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit". Weitere Informationen zum Gedenktag finden Sie hier.
Wie können Kitas Mehrsprachigkeit fördern?
Die folgenden Materialien bieten Anregungen für einen bewussten Umgang mit Muttersprachen:
Wie Kinder fließend Deutsch lernen. Podcast zum Thema "Mehrsprachiges Aufwachsen".
Viele Muttersprachen in einer Kita. Ein Plädoyer und reichlich Tipps.
Jedem Kind seine Muttersprache. Viele Sprachen. Gute Entwicklung.
Aufwachsen in mehreren Sprachen ist eine Chance! Elterninfoblatt Mehrsprachigkeit in der Familie.